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Lektion 2: La und Do als Grundton

Man kann die sieben Kirchentonarten in mollähnliche und durähnliche Tonarten unterteilen. Einzig Lokrisch ist ein Sonderfall, es ist eine verminderte Tonleiter, s.u.

Dazu ordnen wir die Tonsilben neu an, wobei La Grundton bei den mollählichen und Do Grundton bei den durähnlichen Tonleitern ist. Damit die Halbtonschritte an den richtigen Stellen liegen, sind nun allerdings Alterationen nötig. Diese sind fett hervorgehoben. Da es aber nur um eine Alteration pro Tonleiter geht, hält sich der Aufwand in Grenzen.

Diese Anordnung der Tonsilben eröffnet aber neue Möglichkeiten, da wir jetzt die Tonleitern untereinander besser vergleichen können.

UPDATE April 2020: Ich arbeite gerade an Kursen zum Thema "Solmisation im Jazz". Dort werden die Kirchentonarten original verwendet und nicht auf Grundton LA oder DO transponiert.
Wenn Sie sich für Jazz interessieren, ist dieser Kurs hier zwar interessant, aber nicht die Lösung etwaiger Jazz-Solmisation-Probleme.

 

Tonleiter12345678Eselsbrücke
durähnlich         
MixolydischdoremifasolatudoMixolydische Septime, tu
Ionischdoremifasolatido 
LydischdoremifisolatidoLydische Quarte, fi
          
mollähnlich         
phrygischlatudoremifasolaPhrygische Sekunde, tu
aeolischlatidoremifasola 
dorischlatidoremifisolaDorische Sexte, fi
          
vermindert         
lokrischlatudoremufasolasteht hier nur der Vollständigkeit halber

 

Mollähnlich: Aeolisch, Dorisch, Phrygisch. Mollähnliche weil auf Stufe 1 immer der Moll-Dreiklang la-do-mi entsteht (s.o. kursiv). Dazu werden die Stufen 1, 3 und 5 übereinander geschichtet.

Durähnlich: Ionisch, Lydisch, Mixolydisch. Durähnlich weil auf Stufe 1 immer der Dur-Dreiklang do-mi-so entsteht (s.o. kursiv).

Lokrisch ist vermindert, weil auf Stufe 1 der Dreiklang la do mu vermindert ist (...  kursiv).

Diese Ansicht ermöglicht andere Erkenntnisse als die Tabelle auf der Einführungsseite.
Jetzt sieht man die Verwandschaft der einzelnen Tonarten und kann sie miteinander vergleichen.
Die Eselsbrücken stammen nicht von mir, Sie finden diese in jedem Harmonielehrebuch, welches ein brauchbares Kapitel über Kirchentonarten beinhaltet. Auch in der Harmonielehre werden die Kirchtentonarten gerne mit dem gebräuchlichen Dur und Moll verglichen.
Nur eine Alteration pro Tonleiter, das bedeutet, dass sechs Tonsilben bestehen bleiben, so dass sich mit dieser Methode die Kirchentonleitern leichter singen lassen (hat man die Alteration fi oder tu erstmal im Griff).  So sollte es jedenfalls sein, wenn Sie in der Solmisation bereits ziemlich sicher sind und hauptsächlich Stücke in Dur und Moll solmisieren. 
Daneben erfasst man den charakteristischen Klangunterschied schneller, da die Alteration zeigt, wo die Änderung liegt (Eselsbrücken). Ah, bei Lydisch ist die 4. Stufe (Quarte) zu fi erhöht. Lydische Quarte. Mixolydische Septime: 7. Stufe zu tu erniedrigt.

Haben Sie schon entdeckt, dass wir uns nur um zwei von fünf möglichen Alterationen kümmern müssen? fi und tu. Das macht doch den Aufwand mit den Alterationen überschaubar; eine gute Nachricht.

Warum dann nicht einen Schritt weiter gehen und auch die Molltonleitern auf do beziehen?
Diese Idee taucht immer mal wieder auf. In unserer Musikkultur gibt es die beiden Tonalitäten Dur und Moll und durch die Zuteilung la-Moll und do-Dur ist einerseits ihre Unterschiedlichkeit, andererseits aber auch ihre Eigenständigkeit in der Solmisation gewährleistet. Moll ist keine Variation von Dur. Diese Gefahr bestünde, wenn man auch in Molltonleitern do als Grundton annehmen würde. Dann hätten wir übrigens die Alterationen mu, lu und tu. Drei Alterationen, das ist komplizierter als alles, was Sie in diesem Kurs kennenlernen werden.
Ich halte den Weg do-Dur, la-Moll daher für sehr sinnvoll.  

In der Einzelbetrachtung werden wir immer die "la-do" und auch die traditionelle Zuteilung der Tonsilben betrachten.

Kirchengesangbuch?

Im Kirchengesangbuch können Ihnen beide Arten der Notation begegnen. 

Exkurs: Dreiklänge

Was unterscheidet eigentlich Dur- und Molldreiklang?

Bei Dreiklängen werden zwei Terzen übereinandergeschichtet. Es gibt derer zwei: Die kleine Terz mit drei Halbtonschritten (xxx), die große mit vieren (xxxx).
Jeder Durdreiklang besteht aus der Kombination erst große, dann kleine Terz.
Jeder Molldreiklang ... genau umgekehrt: erst klein, dann große Terz.

xxxx xxx = Dur
xxx xxxx = Moll, man sieht, beide Reihen sind gleich lang. 

Klar 4+3 oder 3+4, da kommt als "Rahmenintervall" das gleiche raus: 7 (7 Halbtonschritte = Reine Quinte).
Anders ausgedrückt: Dur und Moll unterscheiden sich durch die Terz, den Ton in der Mitte. Bei Moll liegt er einen Halbtonschritt näher am Grundton als bei Dur.

Vermindert? klein/klein. xxx xxx. Rahmenintervall 3+3=6 Halbtonschritte, verminderte Quinte, der sog. Tritonus (Tri-Tonus = 3 Ganztonschritte 2+2+2 ist ja auch 6).

Sie merken schon, es muss noch einen vierten Dreiklang geben: groß/groß = Übermäßiger Dreiklang.
Rahmenintervall 4+4=8 Halbtonschritte = Übermäßige Quinte xxxx xxxx

Alle zusammen: Verminderter, Moll-, Dur- und Übermäßiger Dreiklang. Dur und Moll sind "gleichgroß", der Unterschied liegt innen.

xxx xxx - vermindert, 3+3
xxx xxxx - Moll, 3+4
xxxx xxx - Dur, 4+3 
xxxx xxxx - übermäßig, 4+4

Und es gibt nur diese vier Dreiklänge.
Kommt jetzt noch eine Terz oben drauf, erhält man die Vierklänge. Da müsste es nach Adam Riese dann acht verschiedene geben, da wir ja eine große oder kleine Terz hinzufügen können. 

Exkurs Dreiklänge Ende.