Kapitel 5, Lektion 2: Tonraum Moll
Tonartvorzeichnung in Moll? Tonraum Moll
Gestern habe ich ganz unten auf der Seite die Frage in den Raum gestellt, ob man in Moll die Alteration si nicht in die Tonartvorzeichnung übernehmen sollte, da sie doch häufiger ist als das ursprüngliche so. Einfache Antwort. Nein, macht man nicht.
Wir werden sehen, es gibt noch eine weitere typische Alteration in Moll. fa wird zu fi erhöht.
Beide Alterationen können in Moll auftreten, müssen aber nicht. Die Alterationen können übrigens völlig problemlos gleichzeitig mit ihrer ursprünglichen Tonsilbe auftreten, im gleichen Stück. Tatsächlich kennen Sie es seit Ihrer Geburt genau so. Es fällt Ihnen gar nicht auf, dass mal die eine, mal die andere Variante zu hören ist.
Man spricht vom "Tonraum Moll" mit neun Tönen: la ti do re mi fa fi so si (la)
Tonleitern sind künstliche Darstellungen einer Tonart für Instrumentalisten zum Üben.
Man spielt also keine Neun-Töne-Molltonleiter sondern unterscheidet drei verschiedene Molltonleitern, jede mit sieben Tönen.
Natürliche Molltonleiter | la ti do re mi fa so (la) | diatonische Struktur pur | |
Harmonische Molltonleiter | la ti do re mi fa si (la) | Alteration si | Problem: mi-fa ... si-la kling fremd, orientalisch |
Melodische Molltonleiter | la ti do re mi fi si (la) | Alteration fi und si | Problem gelöst. mi fi si la entspricht dem Abschluss der Durtonleiter so la ti do, klingt also sehr vertraut. |
Das Ganze wurde ausgelöst, weil der Leitton in Moll fehlt, der zum Grundton la hinführt.
Dieses Problem hat man nur, wenn man aufwärts zum la geht. Abwärts braucht man das nicht.
Eine typische Tonleiterübung für Instrumentalisten sieht daher so aus: Melodisch Moll aufwärts, natürlich Moll abwärts.
Wer es auf der Gitarre spielt, wird sofort merken: Das klingt völlig vertraut.
Sie wissen bereits: In der Solmisation sind beide Tonleitern gleich. Dieselben Tonsilben oben und unten.
Für den Instrumentalisten sind sie höchst unterschiedlich. Oben ist sicherlich für viele schwerer als unten, da es vier Bes gibt, die beachtet sein wollen*.
Interessant ist hierbei, dass die Erhöhung von fa und si bedeuten kann, dass Bes aufgelöst werden. Erhöhung heißt also nicht automatisch: Da muss ein Kreuz davor. Vielleicht muss ein Be weg.
In Takt drei gilt wieder die ursprüngliche Tonartvorzeichnung. fi und si gelten nur innerhalb des zweiten Taktes. Manchmal gibt es im dritten Takt "Erinnerungsvorzeichen", die einen daran erinnern, dass wieder alles normal ist. Wasimmer auch normal war.
Und ich hoffe, dass sie spätestens jetzt froh sind, dass Sie das nicht auf dem Klavier spielen sollen.
* In meiner Jugend hatte ich Klavierunterricht. Es ist eine große Herausforderung, sich vier fünf Vorzeichen zu merken, die für einen selbst ja völlig zusammenhanglos sind und ständig daran zu denken, die entsprechenden Töne zu ändern. Stellen Sie sich vor sie lesen einen Text, und sollen vier fünf bestimmte Buchstaben beim Lesen spontan ersetzen. Ersetzen Sie ...
- i durch a
- a durch e
- u durch o
"Di licht der Schalm und denkt Hulli."
So etwa ist das. Zeigt, was man durch Üben alles erreichen kann;-)
Regel für Be: Das letzte Be ist fa
Im Notenbeispiel oben sehen Sie die ersten Be's. "Das letzte Be ist fa". Es liegt auf der vierten Linie. Im zweiten Takt haben wir das fi, das erhöhte fa.
Zurückrechnen und die erste Note ist ein ... la.
Darunter ein Kreuz: Das letzte ist ti. Fünfte Linie ... ti. Eins darunter: la. Zurückrechnen ...
Diese beiden Vorzeichenregeln gelten übrigens für jeden Notenschlüssel. Sie sitzen dann nur an anderen Stellen.
Ein Beispiel: In F-Dur sitzt das Be im Violinschlüssel auf Linie drei, im Bassschlüssel auf Linie zwei. Das ist kein großer Abstand, oder?
Doch, denn der zugehörige Ton Bes auf der Linie des Vorzeichens erklingt im Bass- zwei Oktaven unter dem Bes des Violinschlüssels.
Bass- und Violinschlüssel sind grob anderthalb Oktaven auseinander, wenn ein Notenkopf die gleiche Position hat.
Die Macht der Schlüssel ...
Die Versetzungzeichen sind für mikroskopische Tonänderungen. Ein Halbtonschritt rauf oder runter.
Die Notenschlüssel sind eher für makroskopische Tonänderungen. Mehr als eine Oktave.
Das Klaviernotensystem mit Violin- und Bassschlüssel wie oben im Bild umfasst einen Tonumfang von mehr als vier Oktaven.
Bes. Hier auf der Website verwende ich die internationale Bezeichnung B für das Deutsche H und demzufolge Bes für das B.
Schlaumeier fragen nun. Was ist mit dem Deutschen Bes? Das ist das doppelt erniedrigte H, es entspricht dem Ton A.
Nun, es ist genaus wie bei allen anderen Doppelvorzeichen: Aus Bes wird Beses. Wüha!
Mollkadenz mit Durdominante
Hier zwei Stücke aus dem letzten Jahrtausend, 80er. "Abracadabra", Steve Miller Band und "Twist in my sobriety" von Tanita Tikaram.
Zum YouTube-Video "Abracadabra", Steve Miller Band
Die erste Zeile, das Intro, besteht praktisch nur aus der Molltonika.
In Zeile zwei folgt die Strophe: Mollkadenz mit Dur-Dominante: | t | s | D | t |
Suchen Sie die Originaltonart. Am besten mit dem Intro.
Ein zweites Stück mit gleicher Kadenz:
Zum YouTube-Video "Twist in my sobriety", Tanita Tikaram
Im Refrain weicht die Kadenz von der Form t s D t ab. Finden Sie raus wie?
spielen Sie vorher folgende Alternativen, um sich in den Klang einzuhören. Am besten taktweise wechseln:
- t s t D t
- t s t s t
- t D t D t